RWE zieht den Braunkohleausstieg auf 2030 vor; alle großen Automobilkonzerne stellen ihre Produktionspalette auf E-Mobilität um; die Herstellung grünen Wasserstoffs ist ein Geschäftsfeld, auf dem sich etliche Unternehmen tummeln; die Einspeisung regenerativ erzeugten Stroms ist gewinnträchtig, vor allem im Moment auf Basis des Merit-Order-Prinzips. All das zeigt, dass die ökologische Transformation bereits voll im Gange ist und auch nicht immer schön und bunt abläuft.
Die ökologische Transformation wird in manchen Branchen per Saldo zu Beschäftigungsaufbau führen; in anderen wird der Saldo null sein; in noch anderen wird es zu Beschäftigungsabbau kommen. Keineswegs allen, aber Teilen der Lohnabhängigen droht Arbeitslosigkeit. Manche Lohnabhängige werden mit Umschulungen oder Ortswechsel konfrontiert werden.
Schließlich wird die Verknappung fossiler Güter deren relative Preise tendenziell erhöhen. Da die Umstellung auf nicht-fossile Güter nicht immer möglich ist und die individuelle Einkommensentwicklung nicht mit der Preisentwicklung fossiler Güter synchronisiert wird, wird es wiederum nicht für alle, wohl aber für Teile der Lohnabhängigen ohne politische Flankierung zu transformationsbedingten Realeinkommenseinbußen kommen.
Kurzum: Die ökologische Transformation wird von Anpassungskosten für Teile der Lohnabhängigen begleitet sein. Zugleich ist die ökologische Transformation als solche zur Vermeidung und Bremsung des anthropogenen Klimawandels richtig. Über die Frage des transformativen Wie lässt sich streiten. Diese Konstellation ist für die LINKE eine riesige Herausforderung, denn sie verschreibt sich sowohl der ökologischen Transformation als auch der sozialen Gleichheit und Gerechtigkeit. Nun ließe sich plump sagen, dass einfach beides angestrebt wird: soziale Gleichheit und Gerechtigkeit wie auch ökologischer Umbau. Doch so leicht ist es eben nicht, und zwar aus drei Gründen.
1.) Der Sache nach kommt es nicht immer, aber teils eben doch zu Zielkonflikten zwischen sozialer und ökologischer Frage.
2.) Selbst wenn die LINKE teils über politische Lösungen im programmatischen Köcher verfügen sollte (was leider nicht immer der Fall ist), um Zielkonflikte aufzulösen, fehlt ihr oftmals die Power, um diese Lösungen auch einsetzen zu können.
3.) Die Wähler stützen nur begrenzt eine LINKE Haltung, die auf die notwendig parallele Erreichung sozialer und ökologischer Ziele pocht, wenn der Haltung keine Aussicht auf Power entspricht, um Lösungen umsetzen zu können, die die Zielkonflikte auflösen.
Diese Schwierigkeiten belasten die LINKE schon länger. Die aktuelle Verknappung von Teilen des Güter- und Energieangebots durch unterbrochene Lieferketten infolge von Kriegs- und Pandemiepolitik hat diese Schwierigkeiten noch potenziert und/oder transparenter gemacht. Die LINKE täte in dieser existentiellen Krise gut daran, anlässlich dieser Herausforderungen ihre Praxis zu überdenken. Dabei hat sie m.E. cum grano salis drei Möglichkeiten:
A: Sie agiert als links-grüne Partei programmatisch ohne Machtoption als Mahninstanz für einen noch rascheren ökologischen Umbau.
B: Sie agiert als links-rote Partei programmatisch ohne Machtoption als Mahninstanz für bessere soziale Abfederungen der Anpassungskosten der ökologischen Transformation.
C: Sie agiert als links-rot-grüne Partei der Transformation, d.h. als ökologische Gestalterin und zugleich als Garantin für soziale Abfederungen der Anpassungskosten, und widmet sich dafür ernsthaft der Frage von Power und Trade-Offs, ergänzt also ihre Haltung um mehr praktische Politik.