In der Debatte um die Zukunft unserer Gesellschaft ist die Forderung der Degrowth-Bewegung nach einer Wirtschaftsordnung ohne Wachstum oder gar mit Schrumpfung zu vernehmen. Politische Parteien und Zusammenschlüsse sollten sich mit dieser Forderung ernsthaft und kritisch auseinandersetzen.
1 Was ist Wachstum?
Unter Wachstum wird eine Zunahme des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts im Ganzen oder pro Kopf verstanden. Das laufende Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die zu ihren Preisen bewertete Menge aller innerhalb eines Jahres in Deutschland produzierten Güter und Dienstleistungen. Um sich auf die Mengensteigerungen des BIP konzentrieren zu können, rechnet man die Wirkung von Preissteigerungen auf die BIP-Steigerung heraus. Hierfür bewertet man die Mengen mit fixierten Preisen der Vergangenheit und erhält auf diese Weise das preisbereinigte, reale BIP. Diese Technik ändert nichts daran, dass auch das reale BIP keine reine, sondern eine zu Fixpreisen bewertete Mengengröße ist. Wenn das reale BIP wächst, steigt die Summe der jeweiligen Mengen eines Jahres, bewertet zu fixierten Preisen. Die Beachtung der Jeweiligkeit der Mengen ist wichtig, denn die pro Jahr produzierten Güter verändern sich permanent. Die Herstellung von Autos in den 60ern ist genauso mit Mengen verbunden wie die Erbringung von Friseurdienstleistungen in den 80ern, die Darbietung von Thaimassagen in den 00ern oder die Produktion von KI-Software in den 10ern, aber es liegt auf der Hand, dass der Ressourcenverbrauch sich jeweils deutlich voneinander unterscheidet.
Die Herstellung von Gütern und Dienstleistungen ist auf den Einsatz von Arbeitskraft angewiesen. Je größer die Bevölkerung ist und je mehr Erwerbstätige eingesetzt werden können, desto größer ist das reale BIP. Das reale BIP pro Kopf steigt, wenn das reale BIP stärker wächst als die Bevölkerung. Das Verhältnis von realem BIP zu den Erwerbstätigen wird als Arbeitsproduktivität bezeichnet. Hierfür wird das reale BIP entweder durch die Anzahl der Erwerbstätigen oder durch das Arbeitsstundenvolumen dividiert. Aus ökologischer Sicht bedeutsam ist, dass die Herstellung von Gütern und Dienstleistungen auch auf den Einsatz von Ressourcen angewiesen ist und Emissionen verursacht. Die Ressourcenproduktivität könnte man berechnen als Quotient aus realem BIP und durch den Ressourcenverbrauch verursachten Emissionen.
1.1 Wachstum und Wohlstand
Wachstum und Wohlstand sind keine identischen Konzepte. Erstens ist Wohlstand eine subjektive Größe, die mit der Empfindung von Glück und Zufriedenheit verknüpft ist und von mehr Faktoren beeinflusst wird als nur von der Höhe des realen BIP. Zweitens ist die ökonomische Fundierung von Zufriedenheit nicht nur auf die Steigerung des realen BIP angewiesen, sondern auch auf die Verfügung über bereits in der Vergangenheit produzierte Vermögensgegenstände und auf die Existenz eines ordentlichen realen BIP in absoluten Größen ohne Beachtung seiner Steigerung. Drittens folgt die Berechnung des realen BIP einer zu engen Konzeption. Kommt es zum Beispiel zu einem Unfall oder zur Zerstörung der Natur, werden die Schäden an Leib, Leben und Natur nicht vom realen BIP abgezogen. Wohl aber gehen ins reale BIP als Leistungen ein die Beerdigungskosten, die Behandlungskosten, die Reparatur- und Wiederbeschaffungskosten sowie die juristischen Kosten.
Aber heißt das, dass man auf reales BIP-Wachstum verzichten sollte? Nein! Denn auch wenn Wohlstand sich nicht auf reales BIP-Wachstum reduzieren lässt, trägt es zum Wohlstand bei. Ohne reales Wachstum in der Vergangenheit wären die Vermögensgegenstände, die wir heute genießen, und das ordentliche reale BIP in absoluten Größen gar nicht entstanden. Warum also sollten wir in Zukunft auf die Erhöhung der Menge unserer Artefakte und unseres realen BIP verzichten? Hinzu kommt, dass reales Wachstum dazu beiträgt, gegen die Produktivitätssteigerung Beschäftigung zu sichern und das Bedürfnis der Menschen nach Arbeit zu befriedigen, und einen wichtigen Beitrag zur Erzeugung der Techniken liefert, die zur Lösung unserer Probleme unerlässlich sind. Warum sollten wir in Zukunft darauf verzichten, Produkt- und Prozessinnovationen zu erzeugen, unsere disponiblen Güter, Dienstleistungen und Verfahren zu mehren, zu ändern, zu verbessern und unsere Beschäftigung zu sichern? Die anthropologisch konstante Tendenz zur Neugier wird bereits in der Proletenpassion angesprochen: „Wir lernen im Vorwärtsgehen!“
Per se gibt es daher nicht nur keinen Grund, auf reales Wachstum zu verzichten, sondern wäre es auch falsch, hierauf zu verzichten. In der Wirklichkeit gibt es aber kein per se. Es kommt eben auch auf die Art der produzierten Güter und Dienstleistungen an: Tragen sie zu unserem Glück bei, oder wirken sie womöglich destruktiv? Auch die Arbeit mithilfe der eingesetzten Techniken ist zu beurteilen: Erfreuen sich die Menschen an ihrer Arbeit, oder empfinden sie sie als Belastung? Vor allem aber stellt sich angesichts des Klimawandels die Frage: Ist ein reales Wachstum möglich, das die notwendige Bedingung des Rückgangs an CO2-Emissionen hinreichend erfüllt? Diese Fragen sind zu klären.
1.2 Funktionsweise von Investitionen
Realwirtschaftlich sind die produzierten Standardkonsumgüter das notwendige Produkt der Gesellschaft. Die darüber hinaus produzierten Ersatzinvestitionen dienen dem Ersatz verschlissener, abgeschriebener Investitionsgüter. Nettoinvestitionen hingegen dienen dazu, den Kapitalstock zu erweitern oder produktiver zu machen, also zu rationalisieren. Ersatz- und Nettoinvestitionen summieren sich zu den Bruttoinvestitionen. Schließlich werden für die Reichen Luxusgüter hergestellt. Es folgt: Das reale Bruttoinlandsprodukt umfasst erstens das notwendige Produkt der Standardkonsumgüter, zweitens die zur Erhaltung des Kapitalstocks produzierten Ersatzinvestitionen sowie drittens ein Mehrprodukt, das sich aufteilt in Nettoinvestitionen und Luxuskonsumgüter. Alle Teile des Produkts sind mit dem Verbrauch von Ressourcen und mit Emissionen verbunden.
Die Volkswirtschaft erzeugt durch Nutzung von Arbeitskräften, Kapitalstock und natürlichen Ressourcen Konsumgüter und Investitionsgüter. Investitionsgüter haben zwei Funktionen. In jeder Periode konsumieren die Haushalte nur einen Teil ihres aus Produktion erzielten Volkseinkommens, den Rest sparen sie. Laufende Funktion der Nettoinvestitionen ist es, diesen Nachfrageausfall zu kompensieren. Unterbleiben Nettoinvestitionen in ausreichender Höhe, sinkt entweder das BIP, bis die dadurch gesunkene Ersparnis und die Nettoinvestitionen sich gleichen, so dass Beschäftigungsprobleme entstehen. Oder aber es kommt zum Ausweg der Exportnachfrage im Ausland, was zu internationalen Ungleichgewichten führt. Die künftige Funktion von Nettoinvestitionen besteht darin, in der Folgeperiode Masse und Produktivität des Kapitalstocks zu ersetzen und zu erhöhen. Der mengenmäßig vergrößerte und produktivere Kapitalstock erzeugt noch mehr Konsumgüter und Investitionsgüter. Hieraus resultiert ein potenzieller Kreislauf, da der Kapitalstock Nettoinvestitionen und Nettoinvestitionen den Kapitalstock nach oben treiben können. Das Problem: Jede erfolgreich den Kapitalstock erweiternde Nettoinvestition erfordert in der Folgeperiode noch mehr Nettoinvestitionen. Kann das gelingen?
Das Gelingen ist nicht zwingend, es handelt sich um keinen Automatismus. Nettoinvestitionen können zwar getätigt werden, müssen es aber nicht. Nettoinvestitionen finden zum einen statt, wenn es eine Aussicht auf eine steigende Nachfrage oder auf Kostensenkung gibt, und zwar wenn die damit verbundene interne Verzinsung höher als der Marktzinssatz ist. Zum anderen wird netto investiert, wenn es externe Vorgaben erfordern, etwa politische Vorgaben zur Einhaltung von Umweltstandards. Ohne Aussicht auf hinreichende interne Verzinsung und ohne politische Vorgaben stottern die Nettoinvestitionen. Und so nimmt es auch kein Wunder, dass die Nettoinvestitionsquote in den letzten Jahrzehnten der Tendenz nach rückläufig war. Der Anreiz, Nettoinvestitionen zu tätigen, ist also gesunken. Dies sorgt einerseits in der laufenden Periode für Beschäftigungsprobleme oder für internationale Ungleichgewichte. Andererseits hat diese Investitionsschwäche den angenehmen Nebeneffekt, dass die ohnehin beträchtlichen ökologischen Probleme nicht noch weiter verschärft werden. Was heißt das für Beschäftigung und Umwelt?
1.3 Wachstum, Beschäftigung und Umwelt
Eine fortschrittliche Politik muss sowohl soziale als auch ökologische Ziele verfolgen. Höchst wichtige soziale Ziele sind die Versorgung der Bevölkerung und die Sicherung von Beschäftigung. Ein immens wichtiges ökologisches Ziel ist auch der Rückgang von CO2-Emissionen. Von zentraler Bedeutung in all diesen Fragen ist technischer Fortschritt. Dieser bringt eine Steigerung der Arbeitsstundenproduktivität mit sich: Entweder lässt sich in derselben Zeit ein höheres reales BIP erzielen, oder dasselbe reale BIP lässt sich in geringerer Zeit herstellen, oder eine Mischung aus beiden tritt ein. Gesetzt, die Erwerbsquote und die Bevölkerungszahl bleibt konstant, bedeutet das Folgendes.
Das reale BIP-Wachstum ist das summierte Wachstum von Erwerbstätigenzahl, Arbeitsstundenproduktivität und Arbeitszeit. Die Arbeitsstundenproduktivität schafft die Möglichkeit, reales BIP und Güterversorgung zu erhöhen. Die Erwerbstätigenzahl ergibt sich umgekehrt, indem wir vom realem BIP-Wachstum das Wachstum von Arbeitsstundenproduktivität und Arbeitszeit abziehen. Wenn die erhöhte Güterversorgung keine Arbeitslosigkeit zur Folge haben soll, muss ohne Arbeitszeitverkürzung das reale BIP in selber Höhe wie die Arbeitsstundenproduktivität wachsen. Das ist der Segen eines höheren realen BIP: Es sichert Beschäftigung.
Der ökologische Fluch ist jedoch, dass mit dem höheren realen BIP auch höhere CO2-Emissionen verbunden sein können. Der technische Fortschritt erhöht jedoch nicht nur die Arbeitsstundenproduktivität, sondern birgt auch die Chance, die Ressourcenproduktivität zu erhöhen. Wenn nämlich neue Güter mit geringerem CO2-Verbrauch – etwa Dienstleistungen – nach und nach ältere Güter mit höherem CO2-Verbrauch ersetzen und überdies neue ökologischere Produktionsverfahren alte substituieren und auf diese Weise die Emissionen je Gütereinheit reduzieren, könnte es sein, dass reales Wachstum trotz gestiegener Mengen die CO2-Emissionen reduzieren statt erhöhen. In diesem Falle wäre die Ressourcenproduktivität stärker gestiegen als das reale BIP-Wachstum. Zwei Szenarien seien hierzu skizziert.
Erstes Szenario: Durch technischen Fortschritt steige die Arbeitsstundenproduktivität um 3%. Reales BIP und Güterversorgung mögen dadurch ebenfalls um 3% steigen, so dass Arbeitslosigkeit vermieden würde. Zudem steige durch den technischen Fortschritt die Ressourcenproduktivität um 4%, so dass die CO2-Emissionen um 1% sänken. Das wäre das optimistische Szenario.
Zweites Szenario: Durch technischen Fortschritt steige die Arbeitsstundenproduktivität um 3%. Reales BIP und Güterversorgung mögen dadurch ebenfalls um 3% steigen, so dass Arbeitslosigkeit vermieden würde. Die Ressourcenproduktivität steige aber nur um 3%, so dass die CO2-Emissionen konstant blieben, obwohl sie eigentlich sinken müssen. Möchte man daher nun zur Dämpfung des CO2-Problems erwirken, dass das reale BIP nur um 2% steigt, so dass die CO2-Emissionen um 1% sinken, sänke auch die Beschäftigung um 1% – es sei denn, die Arbeitszeit würde um 1% verkürzt. Das wäre das pessimistische Szenario.
2 Ein paar inländische Vorschläge zur Güte
Investitionen müssen einerseits stattfinden, um den Nachfrageausfall durch Ersparnis zu kompensieren. Andererseits müssen sie stattfinden, weil es einen enormen sozialen und ökologischen Bedarf an Erneuerung von produktiven Kapazitäten und sozial-ökologischer Infrastruktur gibt.
Nettoinvestitionen, die die Produktionskapazitäten und die Arbeitsproduktivität erhöhen, erfordern in der Folgeperiode noch mehr Nettoinvestitionen, um die Kapazitäten auszulasten und die Beschäftigung zu sichern. Dies birgt eine Gefahr für Stoffverbrauch und Emissionen. Im Hinblick hierauf gilt es zu unterscheiden. Steigt die Ressourcenproduktivität durch die Nettoinvestitionen stark genug, kann die gestiegene Arbeitsproduktivität in ein höheres reales BIP ohne Arbeitszeitverkürzung übersetzt werden, so dass die Beschäftigung konstant bleibt und der Naturverbrauch sinkt. Steigt jedoch die Ressourcenproduktivität durch diese Investitionen nicht stark genug, sollte die gestiegene Arbeitsproduktivität teilweise in Arbeitszeitverkürzung übersetzt werden, so dass bei weniger stark steigendem oder gar konstantem realem BIP die Beschäftigung konstant bleibt und der Naturverbrauch möglichst sinkt. Gelänge in letzterem Fall keine Arbeitszeitverkürzung, käme es bei weniger stark steigendem oder gar konstantem realem BIP zu Arbeitslosigkeit und sinkendem Stoffverbrauch – ein echtes Dilemma. Aufgabe des Staates wäre es also einerseits, private kapazitätssteigernde Nettoinvestitionen ohne hohe Ressourcenproduktivität entweder durch Auflagen oder durch Steuern unattraktiv zu machen und Arbeitszeitverkürzungen zu erleichtern; andererseits, kapazitätssteigernde Nettoinvestitionen mit hoher Ressourcenproduktivität entweder in privater Regie durch Auflagen oder durch Steuern zu fördern oder in eigener Regie durchzuführen.
Es kann auch zu Nettoinvestitionen kommen, die die Produktionskapazitäten und die Arbeitsproduktivität weniger erhöhen, aber den Stoffkreislauf der Volkswirtschaft wirksam ökologisch modernisieren. Solche Nettoinvestitionen dienen zum einen der Verhinderung oder Abbremsung künftiger ökologischer Schäden. Man denke an die Herstellung von Filteranlagen oder von Solaranlagen oder den Einsatz von ÖPNV. Sie dienen andererseits dem Umgang mit bereits entstandenen ökologischen Schäden. Man denke an die Wiederaufforstung, die Beseitigung des Plastikmülls im Meer oder an den präventiven Bau von Dämmen und Schutzmauern gegen Überflutung. Die Umweltbelastung steigt in all diesen Fällen zwar zunächst wegen des Materials in den Anlagen an, aber mittelfristig sinkt sie, so dass in Summe der Vorteil überwiegt. Nur für den Zeitraum dieser Investitionen steigen reales BIP und Beschäftigung, aber es liegt kein dauerhaftes Wachstum vor, und erst recht steigen nicht die Kapazitäten. Auch solche Nettoinvestitionen sollte der Staat privat fördern oder in eigener Regie durchführen. Wegen des hohen summierten Investitionsvolumens ist die staatliche Durchführung vorzuziehen und über Geldschöpfung plus Schulden oder über Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen zu finanzieren.
Der Blick sollte nicht nur auf die Nettoinvestitionen gerichtet werden, sondern auch verstärkt auf die Ersatzinvestitionen. Denn diese ersetzen nicht einfach nur die verschlissenen, alten Anlagen, sondern sorgen zugleich auch für eine Modernisierung durch Implementation neuer Techniken. Diese Möglichkeit sollte genutzt werden für den ökologischen Umbau. Eine Möglichkeit wäre die steuerliche Ermöglichung degressiver Abschreibungen bei ökologisch sinnvollen Modernisierungen. Aufgrund des Marx-Engels-Effekts (Lohmann-Ruchti-Effekts) der Finanzierung aus Abschreibungen würde die Periodenkapazität ökologisch sinnvoller Verwendungen dadurch schneller ansteigen.
Weitere sinnvolle Maßnahmen bestehen in der direkten Einsparung von Naturverbrauch ohne Investitionen im Rahmen einer Repair-Economy. Der Ersatz von Arbeit durch Natur wird zum Ersatz von Natur durch Arbeit. Die Folge ist eine steigende Ressourcenproduktivität: Dieselben Nutzeinheiten sind in der Lebenszeit mit weniger Naturverbrauch erreichbar. Dadurch dürfte wegen der Dienstleistungsorientierung die Arbeitsproduktivität sinken und die Beschäftigung steigen. Der Staat könnte eine Repair-Economy fördern durch das Verbot künstlich reduzierter Obsoleszenz oder durch steuerliche Zuschüsse beim Erwerb solcher Dienstleistungen durch gering verdienende Haushalte.
3 Ein Ausblick auf die Welt
Bislang wurde beim Blick auf Deutschland von Bevölkerungswachstum und Veränderungen bei der Erwerbsquote abgesehen. Wenn jetzt ein kurzer Blick auf die Welt gewagt werden soll, wäre eine solche Absehung unzulässig. Das weltweite reale BIP-Wachstum ergibt sich als Summe des Wachstums von Arbeitsstundenproduktivität, Arbeitszeit, Beschäftigungsquote, Erwerbsquote und Bevölkerungswachstum.
Eine progressive Politik sollte sich dafür engagieren, dass auch und gerade in den Ländern mit nachholender Entwicklung durch technischen Fortschritt die Arbeitsstundenproduktivität wächst; dass die Beschäftigungsquote steigt und somit Arbeitslosigkeit sinkt; dass die Erwerbsquote durch Integration vieler Menschen –gerade der Frauen – in den Arbeitsmarkt erhöht wird. All diese Effekte treiben jedoch das reale BIP nach oben, was Gefahren für die Ressourcenproduktivität mit sich bringen kann, aber nicht muss. Gegenläufig wirkt es, wenn die gestiegene Arbeitsstundenproduktivität nicht nur in eine steigende Menge an Gütern und Verwendungen, sondern auch in eine verkürzte Arbeitszeit transformiert wird – eine Tendenz, die in der Vergangenheit auch in allen entwickelten Volkswirtschaften zum Tragen gekommen ist. Eine weitere wichtige Größe ist das Bevölkerungswachstum. Ist dieses hoch – etwa in unterentwickelten Ländern –, drohen hieraus Gefahren für Stoffverbrauch und Emissionen. Allerdings sind eine hohe Arbeitsstundenproduktivität, eine hohe Beschäftigungsquote und eine hohe Erwerbsquote, verbunden mit Bildung und Aufklärung, Garanten dafür, dass die Bevölkerung nicht so sehr steigt. Es könnte also eine Aufgabe darin bestehen, für eine bestimmte Zeit an Jahren das Produktivitätswachstum in weniger entwickelten Gesellschaften nachgerade zu forcieren, statt es zu bremsen.
Was bedeutet das für entwickelte Ländern wie Deutschland? Sie sollten einen regulierten Freihandel ermöglichen. Ein solcher Handel müsste darin bestehen, erstens die Einfuhr von Konsumgütern aus solchen weniger entwickelten Ländern in entwickelte Länder trotz der damit verbundenen Emissionen durch Abbau von Handelshemmnissen zu fördern; zweitens die Ausfuhr von Konsumgütern aus entwickelten Ländern in weniger entwickelte Ländern durch regulierte Handelshemmnisse zu erschweren; und drittens den Export von Kapitalgütern aus entwickelten Ländern in weniger entwickelte Ländern durch regulierte Handelshemmnisse auszudehnen. Damit die weniger entwickelten Länder ihre Importe von Kapitalgütern finanzieren können, sollten ihnen zusätzlich zu den Einnahmen aus Konsumgüterexport durch internationale Institutionen Weltgeldguthaben zur Verfügung gestellt werden.