Der kluge Paul Schäfer hat der taz ein lesenswertes Interview zum Krieg Russlands gegen die Ukraine gegeben, dessen Lektüre ich empfehle.
Ich empfehle, sich nicht lange an der ersten Aussage von Paul zur Demo der “Manifest”-Gruppe: “Diese Mischung von Links- und Rechtspopulisten (…) ist jedenfalls nicht die Friedensbewegung, die ich mir vorstelle”, aufzuhalten.
Dass es auch explizit Rechte auf der “Manifest”-Demo gab, ist wohl leider wahr und ärgerlich. Aber das sollte nicht der Kern der Auseinandersetzung sein, zumal sich die Mehrzahl der Aufrufenden und Teilnehmenden der “Manifest”-Demo vermutlich die Teilnahme von explizit Rechten nicht gewünscht hat. Der Kern der Auseinandersetzung mit der “Manifest”-Demo sollte sich auf die zentrale Botschaft der “Manifest”-Demo richten, dass Friedensfreunde zwingend gegen jegliche Waffenlieferung an die Ukraine sein müssten. Dem hält Paul überzeugend Folgendes entgegen:
“Der Ausgangspunkt muss die Solidarität mit der Ukraine und die Bekämpfung des russischen Angriffskrieges sein. Das schließt aus meiner Sicht ein, der Ukraine nötige Waffen zu liefern. (…)
Die Friedensbewegung muss klarmachen, dass es rote Linien bei Waffenlieferungen an Kiew gibt – bei Raketen mit großer Reichweite, die russisches Gebiet treffen können, und bei Waffen, die wie Streumunition völkerrechtlich geahndet sind, sowieso. (…)
Eine Friedensbewegung muss eben beides tun – sowohl für Diplomatie werben als auch für konsequente Sanktionen. Trotz der nötigen Waffenlieferung an die Ukraine bleibt es richtig, grundsätzlich eine restriktive Rüstungsexportpolitik zu fordern. (…)
Wir brauchen globale Kooperation, keine Blockbildung des Westens gegen China. Nur damit bekommen wir die atomare Gefahr und die Klimakatastrophe in den Griff. Einerseits handfeste Unterstützung der Ukraine – andererseits mehr Kooperation im Rahmen der UNO. Die Friedensbewegung muss lernen, mit diesem Widerspruch umzugehen. Ohne Dialektik geht es nicht.”
Über diese Fragen sollten wir diskutieren. Mein Dissens zur “Manifest”-Gruppe ist nämlich nicht der Wunsch nach Frieden und auch nicht der Wunsch nach Diplomatie. Beides teile ich. Auch die Einschaltung Chinas und Brasiliens ist eine zu erwägende und zu prüfende Option einer Linken, die m. E. gleichwohl für die Westbindung eintreten sollte.
Mein Dissens zur “Manifest”-Gruppe besteht erstens darin, dass ich ihre durchschimmernde antiwestliche Haltung ablehne.
Mein Widerspruch zur “Manifest”-Gruppe besteht zweitens darin, dass ich die bloße Ausrufung des frommen Wunsches „Ich will aber, dass Frieden herrscht“ nicht als taugliche Strategie ansehe.
Zum dritten bin ich anders als die “Manifest”-Gruppe der Auffassung, dass Waffenlieferungen an die Ukraine leider erforderlich sind, um der Ukraine Mittel zur Selbstverteidigung an die Hand zu geben und der russischen Föderation somit zu verdeutlichen, dass die Fortsetzung ihres Angriffskriegs sie teurer zu stehen kommt als die Aufnahme von diplomatischen Verhandlungen hin zu einem Waffenstillstand.