1)
Im Hinblick auf den Klimawandel treten negative externe Effekte auf, wenn Individuen oder Unternehmen durch ihr Handeln gesellschaftliche Kosten in Form von CO2-Emission für andere verursachen, ohne dafür zu bezahlen.
2)
Daher sollen Auflagen, Kontingentierungen, CO2-Steuern und CO2-Zertifikate dazu beitragen, dass die gesellschaftlichen Kosten direkt oder indirekt einen Preis erhalten, so dass ein Anreiz entsteht, durch CO2-ärmere Verwendungen CO2-Emissionen zu reduzieren.
3)
Damit es gelingt, durch CO2-ärmere Verwendungen CO2-Emissionen zu reduzieren, muss ceteris paribus, also unter sonst gleich bleibenden Bedingungen, ein größerer Teil der gesellschaftlichen Arbeit als bisher auf die Vermeidung von CO2-Emissionen verwendet werden.
4)
Ceteris paribus wird bei konstantem Realprodukt das Quantum gesellschaftlicher Arbeit, das in nutzbaren Gütern und Dienstleistungen (Endkonsum) vergegenständlicht wird, sinken und das Quantum gesellschaftlicher Arbeit, das in der Vermeidung externer Effekte vergegenständlicht wird, steigen.
5)
Dennoch können ohne ceteris-paribus-Bedingung Produktivitätssteigerungen dafür sorgen, dass trotz reduzierten Anteils gesellschaftlicher Arbeit für nutzbare Güter und Dienstleistungen das Realprodukt und dabei auch das Quantum ökologisch verträglicher nutzbarer Güter und Dienstleistungen konstant bleiben oder gar steigen, aber das soll erst später thematisiert werden, auch wenn es sehr wichtig ist.
6)
Wenn wir also gemäß 4) bei konstantem Realprodukt von einem sinkenden Quantum gesellschaftlicher Arbeit ausgehen, das in direkt nutzbaren Gütern und Dienstleistungen vergegenständlicht wird, ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung dies merkt. Die Bevölkerung merkt also, dass ein Teil der gesellschaftlichen Arbeit nicht mehr dadurch “belohnt” wird, dass mehr nutzbare Güter und Dienstleistungen (Endkonsum) erzeugt werden, sondern dadurch, dass externe Effekte wie CO2-Emissionen vermieden werden.
7)
Die Bevölkerung weiß auch, dass die Verhinderung externer Effekte wie CO2-Emissionen der ganzen Welt zugute kommt und nicht nur dem Land, in dem sie lebt. Da der Trikont aktuell überproportional unter den Folgen des Klimawandels leidet, weiß die Bevölkerung auch, dass die “Belohnung” der vermiedenen CO2-Emissionen zwar unterproportional auch dem Land, in dem sie lebt, zugute kommt, überproportional aber dem Trikont.
8)
Eine Perspektive, bei der im Inland anteilsbezogen mehr gesellschaftliche Arbeit als bisher auf vermiedene CO2-Emissionen verwendet wird, ohne davon proportionale “Belohnung” zu erfahren, finden aus beschränkter inländischer Sicht manche Personen nicht attraktiv.
9)
Ich finde es völlig richtig, dass auf gesellschaftlicher Ebene CO2-Emissionen vermieden werden; dass der Trikont internationale Solidarität erfährt; dass der Trikont, der überproportional unterm Klimawandel leidet, überproportional durch vermiedene CO2-Emissionen “belohnt” wird. Ich kann es mir aber auch als Gutverdienender individuell leichter leisten.
10)
Es gibt jene, die es sich gut leisten können und dennoch gegen die Vermeidung von CO2-Emissionen wettern. Denen möchte ich mich hier nicht weiter widmen. Es gibt jedoch auch jene, die es sich nicht gut leisten können, für die also das anteilsbezogen sinkende Quantum gesellschaftlicher Arbeit, das in direkt nutzbaren Gütern und Dienstleistungen vergegenständlicht wird, eine Belastung darstellt.
11)
Hinzu kommt, dass es zu Transformationskosten kommt, wenn Menschen mit fossilen Jobs keine nicht-fossilen Jobs finden oder aber Realeinkommensverluste erfahren oder aber zu ökologischeren Verwendungen gezwungen werden, die deutlich unbequemer sind.
12)
Also ist die sozialökologische Transformation, soll sie gelingen, auf Umverteilung von oben nach unten angewiesen, damit vor allem die Besserverdienenden vom sinkenden Quantum gesellschaftlicher Arbeit, das in direkt nutzbaren Gütern und Dienstleistungen vergegenständlicht wird, betroffen sind und weniger die Geringerverdienenden.
13)
Die sozialökologische Transformation braucht Zeit für den Aufbau neuer ökonomischer Branchen sowie Bildung und Umschulung, damit die Transformationskosten sinken, und bedarf im Zuge von Kapazitätsausdehnungen ökologisch verträglicher und, soweit möglich, bequemer Verwendungen.
14)
Produktivitätssteigerungen, die (siehe 5)) dazu beitragen, dass das Quantum ökologisch verträglicher nutzbarer Güter und Dienstleistungen konstant bleibt oder gar steigt, sind möglichst zu fördern. Technik ist hierfür eher Teil der Lösung als Teil des Problems.
15)
Damit das klappt, müssen gegen die Gewohnheit die Grünen die soziale Frage und das Erfordernis des Erhalts industrieller Kerne stärker beachten; muss die SPD weniger technokratisch werden und soziale Konflikte offener benennen; muss die LINKE mehr auf die Gestaltung von Kompromissen setzen und sich für CO2-Marktlösungen öffnen; muss die CDU ihre Marktorientierung drosseln und sich für Steuererhöhungen und Staatsverschuldung öffnen; muss die FDP ihre Marktfixierung reduzieren und sich für Steuererhöhungen, Staatsverschuldung und die soziale Frage öffnen.
16)
Dass es weiterhin parteipolitische Unterschiede gibt, ist völlig OK und auch gut so. Streit ist gut, wenn er produktiv geführt wird. Allen Parteien täte es aber gut, wenn sie die Zielkonflikte zwischen ökonomischer, sozialer und ökologischer Dimension offen aussprächen.