Was haben die habsburgischen Kaiser Ferdinand I., Franz Joseph I. und Karl I., der italienische König Viktor Emanuel III., der jugoslawische Präsident Ivan Ribar, der jugoslawische Präsident Marschall Josip Broz Tito und weitere hochrangige Politiker gemeinsam? Sie alle hatten die politische Führung über das in Istrien gelegene kroatische Seebad Opatija inne.
Dass Opatija vor dem Ersten Weltkrieg zum Kaiser- und Königreich Österreich-Ungarn, zwischen den Weltkriegen zum Königreich Italien, nach dem Zweiten Weltkrieg zur Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien gehörte und seit 1991 Teil der Republik Kroatien ist, verdeutlicht die wechselhafte Geschichte der Stadt.
Dabei ist Opatija eine vergleichsweise junge Stadt. Erst ab 1840 entwickelte sich so etwas wie städtisches Leben in Opatija. Die Urbanität, die Opatija seitdem kennzeichnet, baute von Anfang an auf Pomp und Prunk auf.
Das erste repräsentative Gebäude in Opatija war die Villa Angiolina, die der Holzhändler Iginio Scarpa 1845 errichten ließ und nach seiner im Jahr 1832 verstorbenen Frau Angiolina benannte. Es folgten zahlreiche weitere Gebäude im Stile des Historismus, der ja im Grunde genommen gar kein Stil ist, sondern ein Stilpluralismus.
Vermutlich ist es kein Zufall, dass gerade jüngere Städte ihren Gebäuden zur Demonstration von Glanz und Gloria einen historischen Anstrich geben, um sich den Anschein geschichtlicher Bedeutung überzustreifen. Daher findet man in Opatija ganz viel Neo, um an die alten Zeiten zu appellieren: Neoklassizismus, Neoromanik, Neogotik usw. Folglich findet man hier auch Säulen, Bögen, Balkone, Gärten, Stuck, Schnick und Schnuck an allen Ecken und Enden.
Dass Opatija mit seinem pompösen Schick vor allem Anziehungskraft auf monarchische Regenten und den Adel ausübte, ist kein Wunder. Der österreichische Kaiser Franz Joseph I. und der deutsche Kaiser Wilhelm II. hielten sich hier genauso auf wie deren Gemahlinnen sowie zahlreiche weitere Blaublüter, die dem Seebad ihre Aufwartung machten.
Der Historismus ist einerseits kitschig-peinlich, andererseits aber auch imposant. Doch wie man es auch sieht: Solche Gebäude entstehen nicht von alleine, sondern sind das Ergebnis harter Arbeit. Verrichtet wurde sie von vielen Menschen, die ihr Arbeitsergebnis in der Regel weder später nutzen konnten noch in Geschichtsbüchern verewigt wurden. Gerecht ist das nicht.
Aus ökonomischer Sicht ist die Nachfrage nach solcher Arbeit unproduktive Mehrwertverwendung, die Kapazitätsauslastung und Beschäftigung sichert und keine zukünftigen Probleme mit Kapazitätsauslastung erzeugt. Doch Sozialisten haben recht, wenn sie darauf hinweisen, dass es besser wäre, solche Entscheidungen weder Monarchie und Adel noch den bürgerlich privilegierten Kreisen zu überantworten, sondern der Bevölkerung als ganze.
Die Bevölkerung kann dann selbst entscheiden, ob Arbeit verrichtet wird für produktivitätssteigernde Investitionen mit indes neuen Kapazitätsauslastungsproblemen, für kapazitätsneutrale Investitionen etwa im Bereich der Ökologie, für sinnvolle Konsumgüter oder aber für schöne Bauwerke. Zudem wäre es unerlässlich, den Personen, die die Arbeit verrichten, ihrerseits auch umfassenden Zugang zur Nutzung ihrer Ergebnisse zu verschaffen.
Sozialisten teilen mit Schopenhauer die kritische Feststellung, dass Ungleichheit Voraussetzung dafür ist, dass in einseitiger und ungerechter Manier Prachtbauten nur zur Nutzung von Reichen und Mächtigen gebaut werden. Was Sozialisten jedoch von Schopenhauer unterscheidet, ist, dass sie anders als Letzterer diesen Zustand ändern möchten, wie sich nachfolgender Textstelle aus Arthur Schopenhauer: Band IX, S. 265 ff., in: derselbe: Werke in zehn Bänden, Zürich 1977, entnehmen lässt, die zitiert wird aus dem tollen Buch von Karl Georg Zinn: Wie Reichtum Armut schafft. Verschwendung, Arbeitslosigkeit und Mangel, Köln 2006, S. 42-45.
“Zwischen Leibeigenschaft, wie in Rußland, und Grundbesitz, wie in England, und überhaupt zwischen Leibeigenen und dem Pächter, Einsassen, Hypothekenschuldner u. dgl. m., liegt der Unterschied mehr in der Form als in der Sache. Ob mir der Bauer gehört, oder das Land, von welchem er sich nähren muss; der Vogel, oder sein Futter; die Frucht oder der Baum; ist im Wesentlichen wenig verschieden (…) Armuth und Sklaverei sind also nur zwei Formen, fast möchte man sagen zwei Namen, der selben Sache, deren Wesen darin besteht, dass die Kräfte eines Menschen großentheils nicht für ihn selbst, sondern für Andere verwendet werden; woraus für ihn theils Ueberladung mit Arbeit, theils kärgliche Befriedigung seiner Bedürfnisse hervorgeht. Denn die Natur hat dem Menschen nur so viel Kräfte gegeben, dass er, unter mäßiger Anstrengung derselben, seinen Unterhalt der Erde abgewinnen kann; großen Ueberschuß von Kräften hat er nicht erhalten. Nimmt man nun die gemeinsame Last der physischen Erhaltung des Daseyns des Menschengeschlechts einem nicht ganz unbeträchtlichen Theile desselben ab; so wird dadurch der übrige übermäßig belastet und ist elend. So zunächst entspringt also jenes Uebel, welches entweder unter dem Namen der Sklaverei, oder unter dem des Proletariats, jederzeit auf der großen Mehrzahl des Menschengeschlechts gelastet hat. Die entferntere Ursache desselben aber ist der Luxus. Damit nämlich einige Wenige das Entbehrliche, Ueberflüssige und Raffinirte haben, ja, erkünstelte Bedürfnisse befriedigen können, muss auf dergleichen ein großes Maaß der vorhandenen Menschenkräfte verwendet und daher dem Nothwendigen, der Hervorbringung des Unentbehrlichen, entzogen werden. Statt Hütten für sich, bauen Tausende Prachtwohnungen für Wenige; statt grober Stoffe für sich und die Ihrigen, weben sie feine, oder seidene Stoffe, oder gar Spitzen für die Reichen, und verfertigen überhaupt tausend Gegenstände des Luxus, die Reichen zu vergnügen. Aus solchen Luxusarbeitern besteht ein großer Theil der Bevölkerung der Städte: für diese also und ihre Besteller muss nun der Bauer mit pflügen, säen und weiden, hat also mehr Arbeit, als die Natur ihm ursprünglich aufgelegt hatte. Ueberdies muss auch er selbst noch viele Kräfte und Land, statt auf Getraide, Kartoffeln und Viehzucht, auf Wein, Seide, Tabak, Hopfen, Spargel u.s.w. verwenden. Ferner werden eine Menge Menschen dem Ackerbau entzogen, um dem Schiffbau und der Seefahrt zu dienen, damit Zucker, Kaffee, Thee u.s.w. herbeigeschafft werde. Die Produktion dieser Ueberflüssigkeiten wird dann wieder die Ursache des Elends jener Millionen Negersklaven, die ihrem Vaterlande gewaltsam entrissen werden, um mit ihrem Schweiß und ihrer Marter jene Gegenstände des Genusses hervorzubringen. Kurz, ein großer Theil der Kräfte des Menschengeschlechts wird der Hervorbringung des Allen Nothwendigen entzogen, um das ganz Ueberflüssige und Entbehrliche für Wenige herbeizuschaffen. So lange daher auf der einen Seite der Luxus besteht, muss nothwendig auf der andern übermäßige Arbeit und schlechtes Leben bestehn; sei es unter dem Namen der Armuth, oder dem der Sklaverei, der proletarii, oder der servi. Zwischen Beiden ist der Fundamentalunterschied, dass Sklaven ihren Ursprung der Gewalt, Arme der List zuzuschreiben haben. Der ganze unnatürliche Zustand der Gesellschaft, der allgemeine Kampf, um dem Elend zu entgehn, die so viel Leben kostende Seefahrt, das verwickelte Handelsinteresse und endlich die Kriege, zu welchen das Alles Anlaß giebt, – alles Dieses hat zur alleinigen Wurzel den Luxus, der nicht ein Mal Die, welche ihn genießen, glücklich, vielmehr kränklich und übelgelaunt macht. Demnach würde zur Milderung des menschlichen Elends das Wirksamste die Verminderung, ja Aufhebung des Luxus seyn. Dieser ganze Gedankengang nun hat unstreitig viel Wahres. Dennoch wird er im Resultat widerlegt durch einen an dem, den überdies das Zeugniß der Erfahrung bekräftigt. Was nämlich durch jene dem Luxus fröhnenden Arbeiten, das Menschengeschlecht an Muskelkräften (Irritabilität) für seine nothwendigsten Zwecke verliert, wird ihm allmählig tausendfach ersetzt durch die gerade bei dieser Gelegenheit frei (im chemischen Sinn) werdenden Nervenkräfte (Sensibilität, Intelligenz). Denn da diese höherer Art sind, so übertreffen auch ihre Leistungen tausendfach jene der ersteren (…) Ein Volk aus lauter Bauern würde wenig entdecken und erfinden: aber müßige Hände geben thätige Köpfe. Künste und Wissenschaften sind selbst Kinder des Luxus, und sie tragen ihm ihre Schuld ab. Ihr Werk ist jene Vervollkommnung der Technologie in allen ihren Zweigen, in den mechanischen, den chemischen und den physikalischen, welche in unsern Tagen das Maschinenwesen zu einer früher nie geahndeten Höhe gebracht hat und namentlich durch Dampfmaschinen und Elektricität Dinge leistet, welche frühere Zeiten der Hülfe des Teufels zugeschrieben haben würden. Da verrichten jetzt, in Fabriken und Manufakturen jeder Art, mitunter auch beim Feldbau, Maschinen tausend Mal mehr Arbeit, als die Hände aller jetzt müßigen Wohlhabenden, Gebildeten und Kopfarbeitenden jemals vermocht hätten, und als mithin durch Abstellung alles Luxus und Einführung eines allgemeinen Bauernlebens je erreicht werden könnte. Die Erzeugnisse aller jener Betriebe aber kommen keineswegs den Reichen allein, sondern Allen zu Gute. Dinge, die ehemals kaum zu erschwingen waren, sind jetzt wohlfeil und in Menge zu haben, und auch das Leben der niedrigsten Klasse hat an Bequemlichkeit viel gewonnen (…) Wenn das Maschinenwesen seine Fortschritte in dem seihen Maaße noch eine Zeit hindurch weiter führt; so kann es dahin kommen, dass die Anstrengung der Menschenkräfte beinahe ganz erspart wird; wie die eines großen Theils der Pferdekräfte schon jetzt. Dann freilich ließe sich an eine gewisse Allgemeinheit der Geisteskultur des Menschengeschlechts denken, welche hingegen so lange unmöglich ist, als ein großer Theil desselben schwerer körperlicher Arbeit obliegen muss; da Irritabilität und Sensibilität stets und überall, im Allgemeinen wie im Einzelnen, im Antagonismus stehn; eben weil die eine und selbe Lebenskraft Beiden zum Grund liegt. Weil ferner artes molliunt mores (die Künste die Sitten verfeinern: Ovid, epist. ex Ponto, II, 9, 48); so werden alsdann die Kriege im Großen und die Raufereien, oder Duelle, im Kleinen vielleicht ganz aus der Welt kommen; wie Beide schon jetzt viel seltener geworden sind. Doch ist hier nicht mein Zweck, eine Utopie zu schreiben. (…) (G)egen jene (…) auf Abschaffung des Luxus und gleichmäßige Vertheilung aller körperlichen Arbeit hinweisende Argumentation (ist) in Erwägung zu geben, dass die große Heerde des Menschengeschlechts, stets und überall, nothwendig der Führer, Leiter und Berather, in mannigfaltigen Gestalten, je nach den Angelegenheiten, bedarf: solche sind die Richter, Regierer, Heerführer, Beamte, Priester, Ärzte, Gelehrte, Philosophen u.s.w., als welche sämmtlich die Aufgabe haben, dies in der Mehrzahl höchst unfähige und verkehrte Geschlecht durch das Labyrinth des Lebens zu führen, über welche daher jeder von ihnen, je nach seiner Stellung und Befähigung, einen Ueberblick, in engerem oder weiterem Gesichtskreise, sich erworben hat. Dass nun diese Führer sowohl von körperlicher Arbeit, oder Unbequemlichkeit, befreit bleiben, ja auch, nach Maaßgabe ihrer viel größeren Leistungen, mehr besitzen und genießen müssen, als der gemeine Mann, ist natürlich und der Billigkeit gemäß.”