Liebe alle,
zu einer Zeit, in der viele über den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine reden, nutze ich antizyklisch die Gelegenheit, über Corona zu Zeiten von Omikron ein paar Worte zu verlieren.
1.)
Ich persönlich bin pro Impfen. Denn einerseits reduziert eine Impfung im Schnitt deutlich das Risiko eines schweren Covid-19-Krankheitsverlaufs.
Andererseits erhöht eine Impfung das Risiko, durch die Impfung (in Form eines Impfschadens) zu erkranken, nur in geringem Ausmaß.
2.)
“Im Schnitt” bedeutet: Geimpfte sind unterproportional von schweren Covid-19-Krankheitsverläufen betroffen.
Wäre die Impfung wirkungslos, müsste sich der Anteil der Geimpften an der Bevölkerung 1:1 im Anteil der Geimpften an den schwer an Covid-19 Erkrankten widerspiegeln.
Die Impfung wirkt aber im Schnitt: Das heißt, der Anteil der Geimpften an den schwer an Covid-19 Erkrankten ist geringer als der Anteil der Geimpften an der Bevölkerung.
3.)
Betrachtungen im Schnitt, genauer: im Durchschnitt, sind wichtig, aber unzureichend. Man müsste auch nach Alterskohorten und nach Vorerkrankungen differenzieren.
Hier gilt: Je jünger jemand ist und je weniger er an Vorerkrankungen leidet, desto mehr relativiert sich das unter 1.) Gesagte, also der Vorteil der Impfung. Insbesondere gilt:
Einerseits reduziert eine Impfung bei Kerngesunden und bei Kindern im Schnitt nur sehr geringfügig das Risiko eines schweren Covid-19-Krankheitsverlaufs, denn auch ohne Impfung erkranken diese Gruppen nur selten schwer an Covid-19.
Andererseits erhöht eine Impfung das Risiko von Kerngesunden und bei Kindern, durch die Impfung selbst in Form eines Impfschadens zu erkranken, nur in geringem Ausmaß.
Da bei Kerngesunden und bei Kindern im Schnitt eine Impfung weder das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, deutlich senkt, noch das Risiko, mit Impfschaden schwer zu erkranken, deutlich erhöht, verliert die Impfung hier relativ an Bedeutung.
4.)
Wäre ich jung und kerngesund, würde ich mich dennoch impfen lassen, weil ich von der Impfung keine große Gefahr eines Impfschadens ausgehen sehe.
Ich respektiere jedoch, wenn andere das anders sehen und sich nicht impfen lassen.
5.)
Manche Debattenbeiträge von sich besonders hervorhebenden Impfbefürwortern haben zu Zeiten von Delta als zentrales Argument für die Impfpflicht die These angeführt, dass die Nichtimpfung gesellschaftliche Schäden mit sich führen würde.
Zum einen würden Ungeimpfte ein höheres Risiko aufweisen, andere anzustecken. Zum anderen würden Ungeimpfte die Intensivkapazitäten in hohem Ausmaß beanspruchen. Diese These war schon bei der Deltavariante mit Unsicherheit behaftet, aber dort noch irgendwie nachvollziehbar.
Zum einen galt zwar, dass sich auch schon bei Delta zu Beginn der eigenen Exposition mit dem Virus die Virenlast zwischen Geimpften und Ungeimpften kaum unterschied, so dass Geimpfte und Ungeimpfte ähnlich ansteckend für andere waren.
Aber es gab hier und da Studien, die postuliert haben, dass die Virenlast sich in Ungeimpften stärker vermehren und dort länger verweilen würde als in Geimpften. Richtig sicher war man sich aber hierüber nicht, so dass das RKI eine klare Aussage vermieden hat.
Zum anderen gab es tatsächlich bei Delta eine höhere Auslastung der Intensivkapazitäten durch ungeimpfte, schwer an Covid-19 Erkrankte.
Dies lag jedoch auch am kaputtgesparten und in den Kapazitäten unnötigerweise heruntergefahrenen Gesundheitssystem. Überdies fand und finde ich die Bereitschaft auch unter Marktkritikern, ungeimpfte Erkrankte für ihre Krankheit zu tadeln, problematisch, da sie dem Gedanken eines solidarischen Gesundheitssystems entgegensteht.
Außerdem liefert ein solcher Tadel einer gesellschaftlichen Tendenz Vorschub, bei der Raucher mit dem Finger auf Dicke, Dicke mit dem Finger auf Risikosportler, Risikosportler mit dem Finger auf Trinker, Trinker mit dem Finger auf Ungeimpfte und Ungeimpfte mit dem Finger auf Raucher zeigen. Das ist nicht die Welt, in der ich leben möchte.
6.)
Es wäre schön, wenn der Gesellschaft die Gratwanderung gelänge, Genuss durch potentiell ungesunde Lebensweisen begrenzt zuzulassen und zugleich ungesunde Lebensweisen zu begrenzen und gesunde Lebensweisen zu fördern.
7.)
Zu Zeiten von Omikron verlieren die Argumente für die Impfpflicht, wonach die Nichtimpfung gesellschaftliche Schäden mit sich führen würde, drastisch an Bedeutung und Relevanz.
Weder weisen Ungeimpfte bei Omikron ein bedeutend höheres Risiko als Geimpfte auf, andere anzustecken, noch beanspruchen Ungeimpfte bei Omikron die Intensivkapazitäten in hohem Ausmaß.
Das spricht aktuell gegen eine Impfpflicht.
8.)
Ich bin gegen Leichtsinn, aber auch gegen Alarmismus. Omikron liefert die Chance, einer kontrollierten Durchseuchung den Weg zu ebnen.
Die Pandemie zu beenden wird meines Erachtens deutlich besser gelingen, wenn es mehr Geimpfte vor allem unter Alten und unter Risikogruppen gibt.
Doch wir werden nicht daran vorbeikommen, neben der Impfung auch die Immunisierung durch orale Exposition/Exposition mit milderen Corona-Varianten als Teil der Lösung anzusehen.
9.)
Wir alle, die wir unterschiedliche Argumente und Positionen zur Corona-Thematik haben, sollten sprachfähig miteinander bleiben und uns solidarisch begegnen.
Ich, der ich Impffreund war und bin, bin der Ansicht, dass es in der Gruppe der Ungeimpften Personen gibt, die weder Schwurbler noch Corona-Leugner noch Rechte sind.