Morrissey ist kauzig, und manche seiner Ansichten sind mir fern. Aber er ist auch ein genialer Texter, ohne den die Smiths nicht die Band geworden wären, die sie waren. Das von ihm getextete und vom ebenso genialen Johnny Marr komponierte Lied “Hand in Glove” erschien 1984 auf dem nach dem Bandnamen titulierten Debutalbum, gesungen von Morrissey.
Im selben Jahr wurde das Lied auf Einladung der Smiths durch Sandie Shaw gecovert, die 1967 mit dem Song “Puppet on a String” den 12. Grand Prix de la Chanson gewonnen hatte. Shaw, die bis dahin unters Genre des leichten Pops rubriziert wurde, kam nun die Aufgabe zu, im Herbst ihrer Karriere einen Indie-Song zu interpretieren. Und wie macht sie’s? Toll!
Im Song besingt das lyrische Ich überschwänglich seine Beziehung. Die Liebe: sei symbiotisch; die Sonne: scheine gar aus den Hintern der Liebenden; schwere Aufgaben: seien zu bewältigen, wenn die Liebenden zusammenstünden; dumme Blicke von außen: würden mit Gleichgültigkeit beantwortet; Angriffe von außen: würden mutig bis zum Letzten pariert; denn mögen die Kleider der Liebenden auch lumpig sein, so sei ihre Liebe dennoch groß- und einzigartig.
Doch Morrissey wäre nicht Morrissey, hätte er nicht eine Peripetie im Köcher. Diese wird nicht wie im Drama durch ein Ereignis eingeleitet, sondern nur als wahrscheinlich gedeutet und angedeutet. Denn das lyrische Ich kennt sein Glück, das eigentlich ein Unglück ist, offenbar nur zu gut und ahnt, dass es seine Geliebte nie mehr wiedersehen wird.
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